Bremer
Aufruf
Die anderen Linken räuspern sich
Kommentare und Reaktionen zum Bremer Aufruf für
ein linkes Wahlbündnis
An dieser Stelle veröffentlichen wir eine Auswahl
von Reaktionen auf den Aufruf, ebenso Kommentare und Ergänzungsvorschläge
aus dem Kreis der InitiatorInnen, vor allem mit Bezug auf die Programmatik
eines Linksbündnisses.
Willi Gerns, 27.06.2005:
Anmerkungen zum Bremer Aufruf „Die anderen
Linken räuspern sich“
Lieber Ekkehard,
vielen Dank für die Zusendung des Aufrufs "Die anderen
Linken räuspern sich". Das Anliegen, PDS und WASG zu drücken,
damit die Chance genutzt wird, finden Annegret und ich sehr gut.
Den Aufruf möchten wir so allerdings nicht unterzeichnen. Ein
großer Mangel besteht in der Tat darin, dass die gemeinsam
mit der sozialen Problematik wichtigsten Felder der außerparlamentarischen
Bewegung - die Friedensfrage und der Antifaschismus - unbenannt
bleiben. Zudem hätte deutlicher ausgesprochen werden müssen,
dass das entscheidende Feld der außerparlamentarische Kampf
bleibt und von Abgeordneten der neuen Formation im Parlament erwartet
wird, dass sie sich auf die außerparlamentarische Bewegung
stützen und sie unterstützen. Der letzte Satz des Aufrufs
ist besonders wichtig. Er kollidiert allerdings mit der Überschrift.
Die anderen Linken dürfen sich nicht nur räuspern, sie
müssen laut und deutlich Stimme geben, wenn die Chance genutzt
werden und die Sache dann nicht im Parlamentarismus versanden soll.
Beste Grüße Willi
Ekkehard Lentz, 26.06.2005:
Anmerkungen zum Bremer Aufruf „Die anderen
Linken räuspern sich“
Liebe Freunde,
ich unterzeichne gern den Aufruf, der auf eine konstruktive
Einigung in den Verhandlungen in Bremen ausgerichtet ist. Auch ich
möchte den
SkeptikerInnen in der Mitgliedschaft beider Seiten Mut machen, den
Schritt zu einem Bündnis zu gehen, und zugleich verdeutlichen,
dass ein Scheitern unakzeptabel wäre. Allerdings fehlt mir
ein Hinweis auf die Notwendigkeit, die Militarisierung (Bundeswehrpräsenz
in aller Welt/ EU-Eingreiftruppe/ Rüstung Kostenfresser...)
zumindest zu problematisieren. Bei aller Konzentration auf die Arbeitsmarkt-
und Sozialpolitik-Themen darf die Friedens- und Rüstungsfrage
nicht außen vor bleiben. Es war doch zum Beispiel am 17. Juni
grauenhaft, dass auf der ersten Seite des Weser Kurier die "Fregatte
Bremen" uns (ohne jegliche kritische Betrachtung) das Frühstück
versauen konnte.
Herzliche Grüße
Ekkehard Lentz
Neues Deutschland, 23.06.2005:
Bericht "PDS will Linkspartei werden"
(...) Unterstützung für ein gemeinsames
Projekt aus PDS und Wahlalternative kommt auch aus Bremen. In einem
Aufruf wird von beiden Parteien gefordert, sich für »eine
weitgehende Demokratisierung« einzusetzen, »die Differenzen
unter Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen akzeptiert
und für ihre Anerkennung eintritt«. Der Appell zielt
etwa auf feministische und antirassistische Politikziele, die in
einem ersten Entwurf für ein PDS-Wahlprogramm ausgespart bleiben.
Die Sozialisten wollen im Wahlkampf eher auf Fragen der Arbeit,
der sozialen Sicherung, der Bildung und der Demokratisierung setzen.
Auch ein Neuansatz für Ostdeutschland, die Friedenspolitik
und ein solidarisches Steuersystem finden sich in dem Entwurf. (...)
Vollständiger Artikel unter www.nd-online.de
Raimund Gaebelein, 22.06.2005:
Bemerkungen zum Bremer Aufruf „Die anderen
Linken räuspern sich“
Ein paar Wünsche hätte ich doch schon gerne
weitergegeben, die nicht so explizit in dem Aufruf zu finden sind.
Für das Programm wünschte ich eine klare
Absage an jegliche Form von Rassismus, Antisemitismus, Militarismus
und Faschismus. Unsere Gesellschaft ist zunehmend einer Entsolidarisierung
ausgesetzt, der Abbau des Sozialstaates führt zu mangelnden
Perspektiven vor allem bei Jugendlichen. Faschistische Ideologie
hat ihre Wurzeln in der Mitte der Gesellschaft. Neofaschistische
Wahlparteien und sog. Freie Kameradschaften haben sich mit ihrem
Bild einer vermeintlichen Volksgemeinschaft zu willigen Vollstreckern
dieser Geisteshaltung ernannt. Mit sozialer Demagogie versuchen
sie ihre Ideologie auf den Montagsdemos zu verbreiten. Mit allen
Mitteln versuchen sie Jugendliche über die kostenlose Verteilung
von CDs mit braunem Inhalt vor Schulen zu ködern. Mit Auftritten
bei Wahlen und in Parlamenten versuchen sie die Bevölkerung
durch ihre Volksgemeinschaftsideologie zu spalten. Bei uns werden
Menschen beschimpft, bedroht, zu Tode getreten oder lebendig verbrannt,
weil sie als Fremde, Andersdenkende oder Behinderte gehasst und
verachtet werden. Das hat bereits mehr als 130 Menschen das Leben
gekostet.
Was ist vom Wirken der „Kampfgemeinschaft gegen
den Faschismus“ (KgF) geblieben? Die Bremische Verfassung
sieht das Recht auf Wohnraum vor. Wenn die Stadt jetzt wagen sollte,
den Rest an sozialem Wohnraum durch Verkauf von weiteren Aktienanteilen
an der GEWOBA preiszugeben, sind Massenkündigungen von Mietern
und Mitarbeitern zu befürchten. Die Verwirklichung der KgF-Forderung
nach „Beschlagnahme aller über den notwendigsten Bedarf
hinausgehenden Wohnräume“ dagegen böte eine Grundlage
für die Bereitstellung erschwinglichen Wohnraums für HartzIV-Opfer.
Von einer „Erfassung, Verteilung und Preisgestaltung der vorhandenen
Lebensmittelvorräte“, von einer „öffentlichen
Bewirtschaftung aller Bekleidungsgegenstände“ durch „Kontrollausschüsse
der Arbeiter und Angestellte“ oder „Konsumgenossenschaften“
sind wir heute meilenweit entfernt. Die Forderung „Umstellung
der Produktion auf Friedensbedürfnisse unter vornehmlicher
Berücksichtigung der Bedürfnisse der breiten Massen“
erhält spätestens seit Frühjahr 1999 einen neuen
Sinn. Und die Auflösung der NSDAP sowie die Beschlagnahme ihres
beweglichen und unbeweglichen Eigentums sollte sich auf jegliche
Nachfolgeorganisation erstrecken.
Raimund Gaebelein
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- Stand: 29.06.2005 |